Am 16. März 1857 machten sich 180 Tiroler und 120 Rheinländer und Bayern an Bord des Guano-Frachtseglers “Norton” von Antwerpen aus auf den Weg nach Peru. Angeworben wurden die Auswanderer von dem deutschen Forscher und Weltreisenden Damian Freiherr von Schütz-Holzhausen. Leiter der Gruppe war der katholische Priester Joseph Egg aus Tirol.
Nach der Ankunft in der peruanischen Hafenstadt Huacho, bahnten sich die von der beschwerlichen Schiffsreise geschwächten Siedler ihren Weg über die 4500 Meter hohe Andenkordilliere, bedroht von unerbittlich eisiger Kälte, sintflutartigem Regen und tropischer Hitze. Am 26. Juli 1859 erreichten nach gut 2 Jahren nurmehr 156 Männer und Frauen vollkommen entkräftet ihr Ziel, das Tal am Rio Pozuzo.
Das Tal der Verheissung
1868 folgte eine zweite Einwanderergruppe. In harten und entbehrungsreichen Jahrzehnten, in den Tiefen des peruanischen Urwalds vollkommen isoliert, schufen sich die Pioniere ihre zweite Heimat. Erst 1979 wurde der Bau einer Straße nach Pozuzo abgeschlossen. So erhielten sich die Einwohner von Pozuzo ihren Dialekt, ihre Sitten und Gebräuche, fast wie vor 150 Jahren.
Durch eine magische Zeitmaschine in ein Tirol des 19. Jahrhunderts geworfen, muten die silbrig verwitterten Holzhäuser mit ihren großen Tabaktennen geradezu museal an. Die Tiroler Bauern und Handwerker errichteten sie nach traditioneller Zimmermannskunst aus handgeschlagenem und -gesägtem Zedro-Holz.
Der Geruch nach Holzofenfeuer, Bananenstrudel und Schüttelsuppe breitete sich in der Kuchl von Maria Egg aus, während sie über Joseph Egg und die ersten schwierigen Jahre erzählte.
Heute leben viele Nachfahren in Lima, der Metropole Perus. Sie besuchten die Deutsche Schule und schufen sich in der Hauptstadt ihren Lebensmittelpunkt, ohne den Kontakt zur alten Heimat im Urwald zu verlieren. Pozuzo ist nun keine Tiroler Enklave mehr. Vielmehr bestimmt das vitale Gemenge aus Tiroler Siedlungsgeschichte, indigener Bevölkerung und europäischen Touristen das Ortsbild.
Dennoch weht ein Hauch von Abenteuer, von Mut und von Hoffnung durch die mit feucht lauer Tropenluft und lärmender Chicha-Musik gesättigten Schotterstraßen Pozuzos, Erinnerungen verdichten sich zu lebendigen Bildern und Vergangenes drängt sich für einen kurzen Augenblick ins Hier und Jetzt.